Esoterik wird kritisch gesehen und aus meiner Sicht zurecht. Oft ist es Ausbeutung der Verzweiflung und Leichtgläubigkeit fragiler Charaktere die sich in Hilflosigkeit nicht anders zu helfen wissen als sich in ein irreales Hoffnungskonstrukt zu stürzen, welches sie an den seidenen Fäden des Glaubens über den Kratern ihrer Realität hält. Egal welche imaginären Freunde man anbetet, seien es alte Götter, den Kapitalismus, die Natur oder nur einen Gott: Je unreflektierter man diesen Glaubensrichtungen nachgeht desto eher fällt man in Absurdität.

Es soll in diesem Post also nicht um Geisterbeschwörungsseancen mithilfe eines Ouija Boards oder Mineralien gehen, die gegen Krankheiten helfen. Auch nicht um kleine Glasflaschen gefüllt mit Kräutern, versiegelt mit Wachs, welche dann beispielsweise den bösen Blick abwenden, sondern darum wie man Runensteine und Tarotkarten benutzen kann um sich selbst aus Gedankenfallen zu befreien, die einen limitieren. Sie sollen durch ihre bildliche Bedeutung an Dinge erinnern die eventuell außerhalb der egozentrischen Wahrnehmung liegen.

Dabei gebe ich zu, dass mir meine Interpretation oft schmeicheln und auch, dass es zuweilen seltsam erscheinen mag, was sie vorher zu “wissen” scheinen. Ohne diesen leicht mystischen Faktor wäre es wohl auch nicht so spannend.

Rational betrachtet basieren beide Divinationssysteme auf einfachen und interpretationsoffenen, richtungsweisenden Bedeutungen, die nur dann wirklich persönlichen Sinn ergeben wenn wir beginnen ihr Skelett mit unseren Wünschen, Emotionen und Ängsten auszukleiden und versuchen das entstehende Bild zuzuordnen. Horoskope sind das wohl am meist akzeptierteste Skelett. Wir lesen Dinge die man unseren Sternzeichen zuordnet und diese sind meist so allgemeingültig formuliert, dass sie mehr oder weniger auf jeden Menschen passen könnten, sofern demjenigen die Eigenschaften schmeicheln. Aus genau diesem Grund lege ich niemand anderem die Karten oder werfe keinem außer mir selbst Runen, denn das Spiel mit den Emotionen, Hoffnungen und Ängsten ist manipulativ. Cold reading ist hierbei die allgemeingültige Disziplin bei der es darum geht mithilfe von wohlgewählten Formulierungen und emphatischen Menschenkentnissen Leuten ihre Zukunft aufzuzeigen, meist gegen Geld.

Was ich damit sagen will ist: Runen werfen und Tarotkarten legen ist nichts schlimmes sofern es nicht instrumentalisiert wird um andere zu beeinflussen, egal ob man Gutes tun oder schaden will. Man muss selbst entscheiden ob man daran glaubt und in welcher Intensität.

Tarot-Lesungen und Runenziehen wirkt niemals über den Placebo Effekt hinaus!

Gut, dann haben wir das geklärt und ich erzähle euch wie ich das mache und warum ich glaube dass es mir hilft.

Rocks, Bones, Sticks and Runestones

Ich habe 3 vollständige Runensets, eines gehört meinem LARP Charakter Raavdeern, welches ich selbst in Bergkristall gravierte und zum Spielen verwende. Ein weiteres war ein Geburtstagsgeschenk und besteht aus sorgfältig und liebevoll selbst bebrannten Haselnüssen. Das dritte ist ein im Internet bestelltes Set aus Obsidian mit goldenen eingravierten Runen. Alle drei Sets zeigen das alte Futhark Alphabet und jede Rune hat eine Bedeutung. Je nachdem welches Muster man legt und wie man Runen zieht kann man sie unterschiedlich deuten.

Für gewöhnlich ziehe ich an Tagen an denen ich daran denke oder mich danach fühle eine Rune, deren Bedeutung ich dann den Tag über mit mir herum trage. Manchmal stecke ich sie auch ein, wie einen Glücksbringer der mich an etwas erinnert. Anfangs zog ich auffällig oft die Rune Wunjo die für Wonne und Glück steht und entschloss mich, sie zu meiner persönlichen Rune zu ernennen, da sie mich daran erinnert wie wichtig es ist nicht zu vergessen wie glücklich ich grundsätzlich bin.

Doch wenn mir mal etwas auf der Seele liegt, das sich in Gedankenspiralen wiederholt, dann werfe ich eher mehrere Runen als einzelne zu ziehen. Diese Art der Interpretation ist für mich anstrengender, da hier neun Runen gleichzeitig und recht zufällig auf ein Tuch geworfen werden und dann auch umgedreht (Rune Richtung Boden) sowie in Gruppen oder separat liegen bleiben und all das mit in so eine Lesung einfließen kann, jedoch nicht muss.

Vor meiner Hochzeit warf ich beispielsweise Runen um mir Sicherheit zu geben, da ich wegen der Trennung und Scheidung meiner Eltern irrationale Ängste hatte. Ich erinnere mich daran, dass meine Interpretation eine erfolgreiche Hochzeit voraus sagte die andere Probleme in den Hintergrund rückte. Das löste meine Ängste auf, half mir gut zu schlafen und ich hatte mein eigenes Unterbewusstsein ausgetrickst.

Um Runen zu deuten hilft es, sich die Kurzbedeutungen zu notieren oder einfach zu googeln. Ich habe ein großes Buch über germanische Magie in der die Runenbedeutungen und auch historische Herkunft und Verwendung sowie Rituale aufgeführt sind und das ist unfassbar hilfreich aber kein Muss.

Noch ein Disclaimer - Runen verbinde ich mit nordischen Göttern, der Edda, der Natur, Wikingern und dem Meer. Diese Romantisierung hat nichts mit der von den Nationalsozialisten im zweiten Weltkrieg angestrebten Idealisierungen der Germanen zu tun und ich wehre mich bewusst gegen die Instrumentalisierung der Schriftzeichen aus dem zweiten bis vierzehnten Jahrhunderts, von pseudokonservativen, volksnahen, heimattreuen Rassisten, weiß jedoch um die Problematik damit. Aufklärung hilft hier: Runen sind nicht böse, Nazis schon.

Channeling your inner Tarot Gambler

Dieses Jahr kaufte ich mir mein erstes und bis dato einziges Tarot-Deck. Meines ist ein Anima Mundi Deck, bestehend aus 78 Karten, mit liebevoll illustrierten Tieren passend zu der jeweiligen Bedeutung. Die Bilder auf Tatotkarten sind essenziell wichtig und die Wahl dessen was dargestellt wird beeinflusst unter anderem die tiefenpsychologische Wahrnehmung der Bedeutung. Kein Witz, Psychologen schreiben darüber Artikel!

Ein gewöhnliches Tarot-Deck besteht aus 22 Major und den 56 Minor Karten die alle eigene Bedeutungen haben. Die wohl bekanntesten sind hier die Major-Karten der großen Geheimnisse zu denen der Tod oder der Mond gehören. Die Faszination Tarot hört jedoch nicht dort auf sondern wird erst spannend wenn man die 4 Farben, Kelche, Pentagramme, Stäbe und Schwerter mit den jeweils 14 Karten der kleineren Geheimnisse hinzuzieht. Für mich fühlt sich Tarot spezifischer in seiner Bedeutung an und ich lege mir die Karten daher seltener aber nehme mir dann auch mehr Zeit dafür.

Ich bin bisher wenig geübt im Lesen und das beigelegte Heft, in denen Kurzbedeutungen erklärt sind, hilft mir genug um Eigeninterpretationen zu erarbeiten. Es gibt natürlich auch Apps die spielerisch dabei helfen die Bedeutungen zu lernen, falls ihr neugierig seid empfehle ich euch Labyrinthos. Ich empfinde das Anima Mundi Deck in der Assoziation mit Tieren sogar hilfreich für mich als Anfänger da die Eigenschaften leicht zuzuordnen sind. Meine liebste Major Arcana Karte ist beispielsweise der gehängte und ist in meinem Deck das männliche Exemplar der schwarzen Witwe, dass nach dem Geschlechtsakt von weibchen verspeist wird und sich so dem Erhalt der eigenen Art opfert.

Wenn ich genug Zeit habe um mir die Karten zu legen mache ich meist vorher eine ordentliche Tasse Tee. Das beruhigt mich nämlich und stimmt mich darauf ein, dass ich mir für das was ich vorhabe Zeit und Ruhe nehmen will. Anschließend hole ich mein Deck hervor, klopfe einmal deutlich laut auf die Rückseite des Kartenstapels, weil ich abergläubisch bin und beginne zu mischen. Dabei denke ich meist besonders intensiv an das was mich umtreibt. Meine Arbeit, meine Familie, meine Freunde oder mich selbst und für gewöhnlich ist es nicht schwer sich ganz in den Gedanken zu verlieren weil es mich an diesem Punkt schon mindestens eine Nacht wach hielt.

Die Karten wische ich anschließend in einem eindrucksvollen Halbkreis, mehr oder weniger gleichmäßig, vor mir auf den Tisch, weil ich so die Ästhetik meiner inneren Vanessa Ives channele, trinke noch einen Schluck Tee und beginne nach und nach Karten in ein vorher ausgewähltes Muster zu legen und anschließend ihre Bedeutungen zu interpretieren.

Dann zerbreche ich mir für gewöhnlich den Kopf über das was vor mir liegt, ob es mir gefällt oder nicht, solang bis der Tee leer oder kalt ist und erwischte mich auch einst dabei wie ich eine negative Wendung einer Reise vor mir liegen sah, diese als Fehlinterpretation abwinkte und es mich wie ein Blitz traf, als die Karten recht hatten. Ein bisschen Mystik bleibt am Ende doch.

Wie vorhin erwähnt gibt es aber Psychologisches Fachpersonal die die Bedeutungen und Interpretationen der bebilderten Karten als Hilfe in tiefenpsychologischer Arbeit empfinden, um Patienten ein besseres Verständnis ihrer Situation aufzeigen zu können, indem sie deren Probleme mithilfe der Bedeutungen der Karten vergleichen und so Abstraktes vereinfachen. Mehr dazu verlinke ich euch hier.

Psychologische Phrophezeihung oder psychosomatischer Humbug?

Die Faszination der jahrhundertealten Weissagungsspiele in den Wind zu schlagen ist leicht, wenn man die kulturellen Stereotypen wandernder Spielleute, Kesselflicker, Hexen, Völven und in die Anderswelt blickender Medien heranzieht. In Wahrheit ist das Prinzip nicht zu abstrakt um es auch logisch zu verstehen und sicherlich auch wissenschaftlich und in mathematischer Endlichkeit zu erklären. Wie schon erwähnt liegt die Kraft dieser Methoden aus meiner Sicht nicht in der Mystik und auch nicht in der Wissenschaft, sondern dem reflektierten Glauben daran, dass unser Geist zuweilen einen Schubs braucht um sich zu entwickeln und zu entfalten. Ich tue niemandem damit weh, wenn ich ab und zu mein Unterbewusstsein beruhigen oder veräppeln will und mir Zeit nehme mich mit mir selbst, meinen Problemen und Gedanken auseinander zu setzen.

Ich hoffe sehr, dass euch meine Sicht auf das Legen von Runen und Tarotkarten hilft. Ich bin mir der Stigmata bewusst, aber solange wir niemandem schaden und verantwortungsvoll handeln bestraft uns weder das Karma des Universums, noch trifft uns Zeus’ Blitz beim nächsten Date. Trotzdem möchte ich noch einmal wiederholen das ihr kein Geld für esoterische Dienste ausgeben solltet und euch gründlich informieren müsst bevor ihr beginnt Gläser zu rücken. Some things are better left alone.

OddBlog

Blogs werden aus vielen unterschiedlichen Gründen geschrieben. Für mich sind geschriebene Worte die sicherste Art meine Gedanken zu ordnen oder meine Erlebnisse zu erinnern. Ich hoffe, dass ein paar Menschen die mich kennen oder kennenlernen möchten, Lust bekommen meine Worte zu lesen und sich Zeit zu nehmen und mir eventuell auch zu Schreiben.

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